Am 19.1.2024, dem Tag der Trauerfeier für den im Januar verstorbenen Franz Beckenbauer, musste unsere zweiten Mannschaft gegen die 11. Schachmannschaft des FC Bayern München spielen. Bekanntlich hatte der „Kaiser“ als Bayern-Präsident in der Mitte der 90er-Jahren einmal der Schachbundesliga-Profis des FC Bayern die weitere finanzielle Unterstützung verweigert und dabei der Überlieferung nach das etwas despektierliche Wort „Klötzleschieber“ geprägt hatte, was ihm bis heute noch anhängt. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist die Schachabteilung des FC Bayern auch ohne großes Geld im Amateurbereich extrem erfolgreich, und verbreiten immer auch etwas von dem legendären Bayern-Spirit am Schachbrett. Allein schon die Tatsache, dass der FC Bayern inzwischen mit einer zweistelligen Zahl von Teams am regulären Ligabetrieb teilnimmt – hinzu kommen noch diverse Jugend-, Senioren-, und Damenteams – ist ein Indiz dafür, welch gute Arbeit dort seit vielen Jahren geleistet wird, und das wird auch dem Kaiser Franz gefallen haben.
Der langen Vorrede kurzer Sinn: Egal welche Bayern-Mannschaft Du als Gegner hast, zum Auswärtsspiel nach Giesing fährst Du von Kirchseeon immer erstmal als Außenseiter hin. Das 6er-Team von Kirchseeon 2 kam aber mit dieser Rolle gut zurecht, hielt an allen Brettern gut dagegen, und setzte auch das erste Ausrufezeichen des Abends: Marie gewann in Rekordzeit nach knapp einer Stunde, und es war nicht nur ihr erster Punktspielsieg, sondern auch eine Lektion in Strategie und Taktik: Der Gegner versuchte beharrlich mit seinen Bauern auf der d- und e-Linie durchzubrechen und die Stellung für seine Figuren auf Teufel komm raus zu öffnen, um einen Königsangriff zu starten – dabei vernachlässigte er aber sträflich seinen eigene Verteidigung und übersah einen tödlichen Konterangriff auf f7, der zum Matt auf der Grundreihe führen musste.
Ihr Freund und Brettnachbar Florian Niessl hatte es währenddessen mit einer erfahrenen Spielerin aus dem Regionalliga-Damenteam des FC-Bayern zu tun, die ihn mit den weißen Steinen in die Defensive drängte und ein interessantes Figurenopfer versuchte, um die gegnerische Verteidigung zu zerlegen. Florian ging jedoch nicht in die gestellte Falle und kam mit Materialvorteil (Läufer gegen Bauern) aus dem Handgemenge heraus. Allerdings waren nun hauptsächlich noch Damen und Türme auf dem Brett, und Florians König war „an der frischen Luft“ nicht ausreichend gegen Schachgebote gesichert. Der Vorteil war daher äußert schwer zu verwerten, und nach kurzer Zeit nutzte die Gegnerin die Gelegenheit zum Dauerschach und erzwang Remis.
Günter Utz bekam Brett 1 als Weißer gegen die Sizilianische Verteidigung zunächst eine offene Stellung mit Chancen mit beiden Seiten aufs Brett, verlor dann aber durch den gegnerischen Druck dann Bauern. Diesen konnte er zwar später zurückgewinnen, schwächte dabei aber seine Stellung letztlich so sehr, dass er einen weiteren Bauern und schließlich auch die Partie verlor. Rudi König hingegen stand zunächst gut, hätte kurzzeitig sogar Material gewinnen können, verlor aber nach einigem Hin- und Her einen Bauern, den er mit einem Königsangriff kompensierte, der zwar für einen Sieg nicht zwingend genug war, ihm aber immerhin noch ein Remis ermöglichte.
Wolfgang Gruber verlor im Mittelspiel eine Leichtfigur und kämpfte danach noch überraschen lange gegen die drohende Niederlage an, die er aber letztlich nicht verhindern konnte.
Mit Abstand am längsten dauerte die Partie von Joachim Fröhlich, die schließlich nach vierstündigem Kampf mit einem Unentschieden endete. Dabei hatte anfangs alles nach einer schnellen Niederlage ausgesehen. Gerade als Joachim sich zufrieden mit dem Ergebnis seiner sizilianischen Eröffnung zurücklehnen wollte, unterlief ihm im 11. Zug mit der auf dem ersten Blick ganz normalen Läuferentwicklung …Lb7 ein Riesenfehler, den Gegner mit einer eiskalten Dusche in Form eines Entfesselungsangriffs mit dem Springer erst auf Joachims Dame c7 und dann auch noch auf den Turm a8 beantwortete. Drei Zügen später hatte Joachim zwei Bauern verloren und die Damen abtauschen müssen, und das war noch das kleinste Übel von allen möglichen Varianten. Manch einer hätte in solch einer Lage schon aufgegeben, aber Joachim kämpfte im Dienste der Mannschaft weiter. Schritt für Schritt konnte er seine Stellung durch zentrale Postierung des verbliebenen Läufers und einfallsreiche Turmmanöver stabilisieren und auch einen Bauern zurückgewinnen. Der Gegner versuchte daraufhin die Entscheidung am Damenflügel zu erzwingen und einen weiteren Bauern zu gewinnen, was Joachim aber durch einen Gegenangriff mit seinem Turm verhinderte, wobei er kurzzeitig sogar materiellen Ausgleich erzielte. Sein letzter einsamer Bauern-Vorposten am Damenflügel ließ sich aber nicht dauerhaft verteidigen, so dass er sich dann im Turmendspiel einer gefährlichen Armee von zwei verbundenen Freibauern erwehren musste. Nun musste sein König über sich hinauswachsen und Schwerstarbeit verrichten – er stoppte beide Freibauern nacheinander, und musste dann nach Turmabtausch auch noch auf die andere Brettseite eilen, um den letzten verbliebenen gegnerischen Bauern aufzuhalten. Dieses gelang mit etwas Glück und Kenntnis der Regel von der Opposition. So erreichte Joachim schließlich noch ein Remis, das sich nach diesem epischen Partieverlauf wie ein Sieg anfühlte.